10. Juni 1944.
Distomo. Ein kleines Bauerndorf, ein Steinwurf vom Meer entfernt, an der
Strasse von Athen nach Delphi. Hier überlebt der kleine Argyris, noch keine
vier Jahre alt, am 10. Juni 1944 ein brutales Massaker der deutschen
Besatzungsmacht: Eine so genannte Sühnemassnahme einer SS-Division als
Reaktion auf einen Partisanenangriff in der Gegend. Innert weniger als zwei
Stunden werden 218 Dorfbewohner umgebracht - Frauen, Männer, Greise,
Kleinkinder und Säuglinge. Argyris verliert seine Eltern und 30 weitere
Familienangehörige.
Mehrere Jahre verbringt
der Knabe in Waisenhäusern rund um Athen, unter Tausenden von Kriegskindern.
Da taucht eines Tages eine Delegation des Roten Kreuzes auf und sucht eine
Handvoll Kinder aus für eine weite Reise in ein fernes Land. Argyris will
unbedingt mitgehen. Und so kommt er in die Schweiz, ins Kinderdorf
Pestalozzi nach Trogen. Jahre später doktoriert er an der ETH Zürich in
Mathematik und Astrophysik. Bald schon unterrichtet er an Zürcher Gymnasien,
beginnt griechische Dichter ins Deutsche zu übersetzen, und arbeitet später
mehrere Jahre, auch mit dem Schweizerischen Katastrophenhilfekorps, als
Entwicklungshelfer in Somalia, Nepal und Indonesien. Seit er wieder nach
Europa zurückgekehrt ist, reist er häufiger zwischen der Schweiz und
Griechenland hin und her - und die Aufenthalte in der alten Heimat werden
immer länger